Landwirtschaft prägte die Straße
BZ-SERIE zur Geschichte der Karl-Friedrich-Straße (Teil IV): Bis in die 1950er Jahre gab es acht bäuerliche Betriebe.
EMMENDINGEN (BZ). Die Karl-Friedrich-Straße steht im Blickpunkt: Durch den geplanten Verkauf des daran liegenden Schulgebäudes, durch viele Wandlungen und Umnutzungen, die gerade im Gange sind. Aus diesem Anlass veröffentlicht die Badische Zeitung eine kleine Serie von Bernd Kellner zur Geschichte der Straße.
Auch Kriegserinnerungen sind mit dieser Straße verbunden. Da war das rätselhafte, seltsam trippelnde Geräusch vieler, gehender Menschen und Pferde, das rasselnde Klopfen der Räder von handgezogenen Leiterwagen und anderen Karren und Wagen auf dem holprigen Kopfsteinpflaster, das mich am 25. November 1944 am frühen Morgen aufweckte. Es waren Menschen, die nach dem Bombenangriff auf Freiburg aus der brennenden Stadt flüchteten. Nachdem Monate später die Franzosen unsere Stadt besetzt hatten, waren wir beeindruckt von der unglaublichen Menge an Material, das von den Lastwagen der Armee tagelang über die Straße nach Süden transportiert wurde. Jedes Fahrerhaus hatte oben einen Kranz mit einem Maschinengewehr daran und manchmal stand ein Soldat darin. Der Nachschub hörte Tag und Nacht nicht auf zu rollen. Aus dieser Zeit stammt auch die Erinnerung, dass die Schlittenfahrten, solange der Winterdienst noch nicht gestreut hatte, von der oberen Mundinger Kinzge durch die Mundingerstraße bis zur Karl-Friedrich-Straße gingen.
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In der Mundingerstraße hatte auch der Milch-Wagner seine Milchhandlung. Mit seinem Gespann fuhr er die Milch der Niederemmendinger Bauern in schweren Kannen aus Aluminium über die Karl-Friedrich-Straße durch die Stadt bis zur Zentrale an der heutigen Milchhofstraße. Zwei Häuser weiter oben hatte der Wagner Marti seinen Fahrbetrieb. Wenn jemand gestorben war, machte er seine letzte Fahrt in die Stadt. Das Pferdegespann zog einen kastenförmigen, überdeckten Wagen mit dem Sarg. Je nach der Beerdigungsklasse waren die Troddeln an Bezügen und Pferdegeschirr golden, silbern oder schwarz; und die Kirchenglocken fingen immer dann an zu läuten, wenn das Gespann in die Karl-Friedrich-Straße einbog. Über diese fuhren zur Zeit der Heuernte auch die hochbeladenen Ochsengespanne und neigten sich wegen der Straßenwölbung oft bedenklich; aber es fiel, soweit bekannt, nie einer um.
Überhaupt war dieses Straßenbild bis in die 1950er Jahre sehr von der Landwirtschaft mitgeprägt. Es gab damals in der Unterstadt noch acht bäuerliche Betriebe mit Hof und Stall. Der Strohbach-Schmied, weiter unten an der Karl-Friedrich-Straße, beschlug Pferde und Vieh und setzte seine abglühenden Eisenringe um Holzräder und Radnaben. Die bekam er von den Kahl-Brüdern in Auftrag, die ihre Wagnerei an der Neustraße betrieben. Damals gab es für die Bürger noch das "Bürgerholz" und ein Anteil Elzmatten, Almend genannt. Die Haushalte bleichten ihre Wäsche an der Elz und trocknete sie an mitgebrachten Leinen.
Alles ging längs und quer über diese Hauptstraße. In der modernen Autozeit nahm ihre Bedeutung als Durchgangsstraße zu. So verlor sie ihre Beschaulichkeit. Das Karl-Friedrich-Straßen-Fest 2007 hat etwas von ihrem früheren, regen Leben wiederauferstehen lassen und gezeigt, wie schön es wäre, wenn dies wiederholt werden könnte.
– Der Autor ist Mitglied der Hachberg-Bibliothek, die im Anwesen Leonhardt Quellen zur Regionalgeschichte sammelt, auf die er ebenso zurückgreift wie auf eigene Erinnerungen.
– Bereits erschienen: Als Dreikönig eine Grenze war (4. Januar), Das Stadttor als Verkehrshindernis (5. Januar), Deckel als Neujahrskracher (8. Januar). Der komplette Beitrag steht in der Emmendinger Chronik, die es beim Neujahrsempfang der Stadt am 12. Januar und danach in Rathaus und Verwaltungsstellen gibt.
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