Samstag, 5. Januar 2013

Das Stadttor als Verkehrshindernis

Das Stadttor als Verkehrshindernis

BZ-SERIEzur Geschichte der Karl-Friedrich-Straße (II): Die zweite Tordurchfahrt ist streitbaren Bürgern zu verdanken.
  1. Eine historische Aufnahme der Karl-Friedrich-Straße zeigt den Blick zum Stadttor um 1919, rechts das Bismarck-Denkmal vor dem Amtsgericht. Die Fotos, die beim Karl-Friedrich-Straßen-Jubiläum gezeigt wurden, hat die Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt. Foto: Stadtarchiv

EMMENDINGEN. Wenn man sich mit der Stadtgeschichte beschäftigt, ergeben sich immer wieder Bezüge und Parallelen zur Gegenwart und Zukunft. Dies ist auch der Anlass für die Veröffentlichung der von Bernd Kellner verfassten Serie zur Geschichte der Karl-Friedrich-Straße. Die Veränderungen dort sind am 14. Januar Thema bei einer Veranstaltung des Arbeitskreises Innenstadt – ein weiterer Anlass, sich zurückzuerinnern.
Der markgräflich genehmigte Bau der Emmendinger Vorstadt zeigt, dass die Verkehrsachse nach Norden um diese Zeit anders als ursprünglich verlief. Dies zeigt der Winkel, mit dem sie jetzt vom Tor stadtauswärts weiterging. Das Tor sollte in den 1920er Jahren wegen Verkehrsbehinderung abgerissen werden, doch wehrten sich die Bürger dagegen mit einem regelrechten Kulturkampf. So kam es zur zweiten Tordurchfahrt. Die obere Karl-Friedrich-Straße war praktisch zwei Jahrhunderte lang die einzige Ausfallstraße zur Unterstadt und weiter. Die vielen Wirtschaften, die es um 1900 an ihr gab, bezeugen dies: auf der westlichen Seite der "Ochsen", der "Schwanen", der "Dreikönig", die "Brauerei Hodel", und auf der Ostseite der "Engel", die "Sinnerhalle", der "Alte Ochsen", der "Schaffhauser", der "Grüne Baum" und der "Bären". Am Haus Hodel befinden sich heute noch die Ringe, an denen die Gespanne angebunden waren. Die Pferde wurden mit Decken abgedeckt, und bis der Fuhrmann wieder "heraus" kam, durften sie ihren Hafer aus dem Maulsack fressen.
Das "Lämmle", weiter unten an der Straße, war nie eine Wirtschaft, sondern hatte seinen Namen von dem schönen Sandstein-Relief über der Tür. Auf Fotografien um 1875 ist die Karl-Friedrich-Straße dreigeteilt. In der Mitte war die Verkehrsstraße mit gestampftem Boden, in dem die Wagenräder bei schlechtem Wetter tiefe Spuren hinterließen. Auf beiden Seiten liefen abgeflachte, gepflasterte Gehsteige mit Rinnen, über welchen vor einigen Häusern hölzerne Stege lagen. Die Eingangstreppen führten mit einigen Stufen in das Hochparterre der Vorstadthäuser und ragten oft weit in den Gehweg hinein.

Fotografien von 1910 zeigen eine verbreiterte Fahrbahn, noch immer mit gestampftem Boden, wohl ähnlich wie bei unseren heutigen Forstwegen für die Holzabfuhr, und die Gehsteige auf beiden Seiten waren geteert. Durch den erhöhten Gehweg wurden die Treppen weitgehend zurückgebaut. Straße und Gehwege waren jetzt durch die "Bächli" getrennt. Die waren aus Granitstein und hatten einen Halbkreis mit etwa 20 cm Durchmesser als Querschnitt. Das Fließwasser füllte normalerweise etwas mehr als die Hälfte der Rinnen aus. Beim Bachabschlag, oder wenn die Heil'sche Mühle nicht genug Wasser im Mühlbach staute, lagen sie trocken. Bei jedem Haus wurden die Bächli durch schwere, geriffelte Stahlplatten, etwa 50 x 50 cm, überbrückt, die nebeneinander lagen und im Sprachgebrauch "Doledeggel" genannt wurden. Sie hatten den Krieg überstanden, ohne zu Kanonen eingeschmolzen zu werden. Ihr Material taugte - anders als der Bismarck vor dem Amtsgericht und so manche Emmendinger Glocke - nicht dazu.
– Der Autor ist Mitglied der Hachberg-Bibliothek, die im Anwesen Leonhardt Quellen zur Regionalgeschichte sammelt, auf die er ebenso zurückgreift wie auf eigene Erinnerungen. Der komplette Beitrag erscheint in der Emmendinger Chronik, die es beim Neujahrsempfang der Stadt am 12. Januar und danach in Rathaus und Verwaltungsstellen gibt.

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