Samstag, 5. Januar 2013

Als Dreikönig eine Grenze war

Als Dreikönig eine Grenze war

BZ-SERIE zur Geschichte der Karl-Friedrich-Straße (I): Der Straßenzustand war schon immer ein Sorgenkind.
  1. Historische Ansicht der Karl-Friedrich-Straße, Blick vom Dreikönig stadtauswärts um 1875 Foto: Privat

EMMENDINGEN. Die Karl-Friedrich-Straße steht im Zentrum des Interesses – nicht nur, weil der geplante Verkauf des dortigen Schulgebäudes die Gemüter erhitzt. Neue Nutzungen alter Gebäude sind an der Tagesordnung: So wird aus der Wirtschaft Engel das Haus der Diakonie, dem Grünen Baum gesellt sich ein Feng-Shui-Hotel zu, für den Dreikönig hat sich ein Investor gefunden und ein Poledance-Studio, das zweite in Südbaden, öffnet Ende Januar an der Straße, deren jüngst geglätteter Zustand auch früher Sorgen bereitete.
Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft gestalten, heißt es. Die BZ nimmt diesen Wandel zum Anlass, eine kleine von Bernd Kellner verfasste Serie zur Straße zu veröffentlichen:

Das Emmendinger Wahrzeichen, sein schönes Stadttor, verrät durch seine Ausrichtung, dass die alte Straße anders verlief als die Karl-Friedrich-Straße heute. Es zeigt nämlich zur Steinstraße hin, über die sich damals die Fußgänger und Reiter, die Kutschen, Ochsenwagen und Handkarren bewegten. Sie war Vorläufer der Bundesstraße 3 und lief oberhalb der Elzniederung an den Vorbergen entlang durch Nieder-Emmendingen. Mit der noch wilden, unregulierten Elz war die Überschwemmungsgefahr stets groß. Oft liefen deshalb Handelswege über Bergrücken. Von Emmendingen verlaufen heute noch die Straßen nach Tennenbach und (über Landeck) nach Freiamt auf der Höhe. Straßenwart und Faschinenleger galten als wichtige Berufe, besonders bei Sturmbruch und Uferunterspülungen. Da hatten sie das große Sagen, um die Mitbürger, die den Schaden gemeinsam beheben wollten, anzuleiten.
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Der Emmendinger Stadtarchivar Hetzel schreibt 1983 in der Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Gemeindevereinigung: "Lange Zeit waren Emmendingen und Nieder-Emmendingen durch Ackerland voneinander getrennt, und ein großer Stein schied die Gemarkungen; die Grenze verlief auf der Höhe des früheren Gasthauses Dreikönig; die ersten Häuser von Nieder-Emmendingen standen ungefähr auf der Höhe der heutigen Mundinger- und Neustraße. .... In den Jahren nach 1757 wurden die beiden Orte zusammengebaut. Dabei kam der untere Teil der Emmendinger Vorstadt, die Friedrichsgasse auf Nieder-Emmendinger Gemarkung zu stehen. .... Der endgültige Zusammenschluss beider Gemeinden erfolgte am 1. Januar 1883. Kirchlich war dies bereits im Jahr 1806 geschehen. Heute noch trägt der Grenzstein hinter der Toreinfahrt des "Dreikönig"-Anwesens - als einer der letzten - die Buchstaben-Zeichen "NE" und markiert die frühere Grenze. Das zuvor dort bestehende Wirtshaus hieß "Zum wilden Mann".

Die hygienischen Verhältnisse waren lange Zeit problematisch

Kurz vor der Vereinigung beider Emmendingen schreibt Bezirksarzt Bloch in einer Untersuchung der hygienischen Verhältnisse in Nieder-Emmendingen: "Die Hauptstraße bildet einen Teil der durchziehenden Landstraße. Auch sie entwickelt bei trockener Witterung viel Staub, bei nasser reichlich Schmutz, dem durch sorgfältige Begießung und Reinigung noch leichter abzuhelfen wäre, als in Emmendingen, weil hier durch das weitere Auseinanderstehen der Häuser dem Zutritt der Luft kein Hindernis entgegensteht, und eine große Wassermasse ganz nah ist. Das gleiche ist von den Ortsstraßen zu sagen; doch ist in den letzten Jahren durch Erhöhungen und Rinnenpflasterung viel verbessert worden; und wer sich an die buckeligen Wege, an die das ganze Jahr hindurch mit grüner Jauche gefüllten schlechten Rinnen und Pfützen erinnert, wie wir sie noch vor wenigen Jahren sahen, wird sich mit uns des großen Fortschritts freuen, welcher beweist, was bei richtiger Einsicht und gutem Willen geleistet werden kann. Nieder-Emmendingen, in welchem früher Wechselfieber und Nervenfieber fast das ganze Jahr herrschten, gehört jetzt zu den gesunderen Orten des Bezirks."

– Der Autor Bernd Kellner ist Mitglied der Hachberg-Bibliothek, die im Anwesen Leonhardt Quellen zur Regionalgeschichte sammelt, auf die er ebenso zurückgreift wie auf eigene Erinnerungen.

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